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In der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Finanzen hatten wir zwei tolle Themen auf der Agenda.

Jahresabschlussbeschleunigungsgesetz

Ein langes Wort, aber wenigstens sprechend. Im Wesentlichen ermöglicht dieses Gesetz uns, Jahresabschlüsse bis 2022 ohne

  • textintensive Anhänge,
  • Teilergebnis- und Finanzrechnungen und
  • Konsolidierungsberichte samt Kapitalflussrechnungen aufzustellen.

Damit sparen Kommunen wie wir Arbeit, Zeit und Geld! Der AWF hat nach kurzer Diskussion die Vorteile dieser Übergangsregelung erkannt (tatsächlich mal Entbürokratisierung) und für den Gemeinderat eine entsprechende Beschlussempfehlung formuliert.

Ärztliche Versorgung in Oyten

In der Mitte des letzten Jahres beantragte die CDU-Fraktion die Bereitstellung eines Budgets zur Förderung der Ansiedlung von Ärzten in Oyten. Im Antrag wurde der Fokus auf die kinderärztliche Versorgung gelegt, die Ausweitung auf alle Ärzte aber ebenfalls angeregt.

Um die politische Beratung gut vorzubereiten, braucht es Grundlagenforschung und dann das Aufzeigen von möglichen Lösungen. Unser Wirtschaftsförderer hat also umfangreich recherchiert und unter anderem herausgefunden, dass es mittlerweile überraschend viele Gemeinden und Städte gibt, die solch eine Förderrichtlinie für Ärzte bereits anwenden. Das war schon mal sehr hilfreich. Als nächstes haben wir uns einen Fragenkatalog gegeben und Antworten dazu erarbeitet, um eine eigene Haltung zu diesem Antrag (und damit eine Beschlussempfehlung) erarbeiten zu können. Auszugsweise für Sie:

F: Ist denn nicht die Kassenärztlichen Vereinigung für die angemessene ärztliche Versorgung zuständig?

A: Ja, ist sie. Eine kommunale Förderung darf also nicht das Ziel haben, der KV in ihre Zuständigkeit zu funken. Es dürfte nur darum gehen, Ärzt*innen, die von der KV bereits eine Zulassung zur Niederlassung im Versorgungsgebiet Achim/Ottersberg/Oyten bekommen haben, einen Anreiz zur Ansiedlung in Oyten zu geben.

F: Unterstützt die KV die Ansiedlung von Ärzten denn nicht mit Geld?

A: Soweit wir wissen nur dann, wenn Unterversorgung besteht oder droht (=Versorgungsgrad 75% oder weniger). Das ist im Bereich Achim/Ottersberg/Oyten und auch im LK Verden lt KV nicht der Fall.

F: Wie ist der hausärztliche Versorgungsgrad im Bezirk Achim/Ottersberg/Oyten?

A: Soweit wir wissen, liegt die hausärztliche Versorgung – bereinigt um die Ärzte, die 63 Jahre oder älter sind – „Stand heute“ bei 88,7 %. Das ist für die nahe Zukunft zu hoch für eine Subventionierung durch die KV und zu niedrig für eine angemessene, zukunftssichere ärztliche Versorgung in Oyten.

F: Ist es vertretbar, eine Berufsgruppe finanziell zu fördern, die überdurchschnittlich gut verdient?

A: Eine sehr berechtigte Frage, wie wir finden. Pro-Argumente könnten sein:

  • Landarztmangel, Fachärztemangel – eine Verknappung also, bei der solche Anreize hilfreich für die Entscheidungsfindung sein könnten
  • veränderte Einstellung und Erwartungshaltung junger Ärzte an Selbständigkeit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • ca. 1/3 der Oytener*innen sind heute älter als 60. Daraus ergibt sich zweierlei.
    • Mobilität wird mit zunehmendem Alter herausfordernder und hier gibt es kein gutes ÖPNV-Angebot für die Anbindung nach Ottersberg oder Achim.
    • Je älter der Patient, desto mehr medizinische Betreuung ist erforderlich – Ausnahmen bestätigen die Regel.
  • Eine gute ärztliche Versorgung ist für jede Gemeinde unverzichtbar (soziale Infrastruktur)

Da unser Wirtschaftsförderer von Haus aus Jurist ist und durch die gute Vorarbeit der vielen anderen Kommunen, konnten wir quasi mit Bordmitteln eine Förderrichtlinie entwerfen und zur Diskussion stellen.  Die wichtigsten Zahlen hieraus sind sicherlich die möglichen Förderbeträge: 30.000 € bei Niederlassung oder 15.000 € für Zweigpraxis, bzw. Anstellung. Die Ausschussmitglieder waren gut vorbereitet, kamen mit eigenen Argumenten und Fragen miteinander ins Gespräch und fühlten sich recht schnell in der Lage abzustimmen. Im Ergebnis empfiehlt der Ausschuss für Wirtschaft und Finanzen dem Gemeinderat, die vorgeschlagene Richtlinie ab dem 01.05.24 anzuwenden.

Unternehmensbefragung

Ein kurzer Bericht noch zum Schluss: Der Landkreis Verden hat im vergangenen Jahr eine kreisweite Unternehmensbefragung durchgeführt. Gegenstand der Befragung waren Standortbewertung, Fach-/Arbeitskräftebedarf, Maßnahmen, Angebote, Ideen zur Fachkräftesicherung, Gewerbeflächenbedarfe, Nachhaltigkeit, Entwicklungsabsichten und gewünschte Angebote der Wirtschaftsförderung. Angeschrieben wurden 1.353 Betriebe (Mindestgröße 5 Mitarbeitende) aus allen Branchen; teilgenommen haben 283 Unternehmen, was einer Rücklaufquote von ca. 21% entspricht. Die Umfrageerkenntnisse werden nicht anonymisiert an die Gemeinden weitergeleitet – wir werden also im Detail erfahren, wer aus Oyten mit welchen Aussagen an der Umfrage teilgenommen hat, können dementsprechend gezielt auswerten und Gespräche führen. Wir sind sehr gespannt auf diese Daten.

Der gestrigen Ausschuss-Sitzung war eine Betriebsbesichtigung vorgeschaltet. Wir alle, Ausschuss-Mitglieder und Verwaltung, finden es immer unerhört spannend, solcherlei Einblicke in ortsansässige Firmen zu erhalten. Die besten Sätze aus der Unternehmenpräsentation waren eindeutig diese:

„Wir nennen ihn nicht Konkurrent oder Mitbewerber, bei uns heißt er Hauptmarktstörer.“

„Unser Erfolg wird sich nicht verhindern lassen.“

Der Knaller! Ich brenne darauf, das in meinen aktiven Wortschatz zu übernehmen. Zugegeben – das zweite Zitat klingt kross, aber wir beobachten die Entwicklung dieses Unternehmens ja nun schon einige Zeit und was soll ich sagen, da lacht das Herz der Kämmerin! Und es ist unter Bürgermeister*innen allgemein bekannt: Happy Kämmerin, happy life. 😇

Ich sag´s ja, Kommunalpolitik – loyft bei uns.