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Wir stellen die jährlichen Haushaltplanungen immer unter dem Grundsatz der Haushaltswahrheit und – klarheit auf. Haushaltswahrheit fordert, die Einnahmen und Ausgaben mit größtmöglicher Genauigkeit zu ermitteln oder zu schätzen. Es muss viel geschätzt werden, da ist ein gutes Maß an Unschärfe und Einflussarmut drin. Haushaltsklarheit verlangt, den Haushaltsplan transparent und übersichtlich zu gestalten, so das die Entscheidungsträger in den Räten sie lesen und verstehen können.

Irgendwann wird jeder Haushaltsplan mit dem Jahresabschluss verglichen und wir werden dann daran gemessen, wie nah wir mit dem Plan am Ist dran waren – und wenn nicht, warum nicht.

In der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Finanzen konnten wir interessante vorläufige Jahresabschlüsse präsentieren. Doch der Reihe nach.

Anpassung des Gesellschaftervertrages der Netzgesellschaft Oyten

Ich hole zunächst ein bisschen aus: Seit dem 1. Januar 2018 ist die Netzgesellschaft Oyten (NOG) Eigentümerin des Stromnetzes im Oytener Gemeindegebiet. In dieser NOG gibt es 2 Gesellschafter: die Gemeinde Oyten, die 51% der Anteile hält, und die Stadtwerke Achim, die mit 49% beteiligt ist. Von Beginn an hat die NOG dann auch dieses Netz für den Betrieb an die Achimer Stadtwerke verpachtet, die damit der sogenannte Grundversorger in Oyten sind. Grundversorger für Strom ist nach Definition der Bundesnetzagentur das (Energieversorgungs-)Unternehmen, das die meisten Haushalte im jeweiligen Gebiet versorgt. Außerdem verhält es sich mit Grundversorgern so: wenn Sie beim Einzug in eine neue Wohnung noch keinen Vertrag mit einen Stromlieferanten abgeschlossen haben – und das kann ja mal vorkommen -, schließen Sie quasi mit dem Betätigen des Lichtschalters automatisch einen Stromliefervertrag mit dem Grundversorger ab. Der muss aber natürlich noch durch einen schriftlichen Vertrag bestätigt werden und das bedeutet gleichermaßen, dass Sie in dem Moment auch eine sofortige Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von 14 Tagen haben und zu einem anderen Versorger wechseln können.

Die Achimer Stadtwerke sind also für den Betrieb des Stromnetzes in Oyten zuständig. Die NOG selber hat demnach gar kein klassisches Tagesgeschäft und auch kein Personal, mal abgesehen von den beiden „ehrenamtlichen“ Geschäftsführern.  

Jetzt nähern wir uns dem eigentlichen Thema des gestrigen Abends. Ab 2025 sind alle großen Kapitalgesellschaften, und damit grundsätzlich auch die NOG, verpflichtet zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. In einem solchen Bericht werden Informationen zu Fragen der Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange gegeben. Auch solche zur Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption. Die Sinnhaftigkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung an sich stellen wir nicht in Frage, für unsere NOG dann aber doch, denn es steckt so viel jährlicher Aufwand darin und in unserem Fall so wenig Logik (weil kein Betrieb und kein Personal). Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises haben uns eine Lösungsmöglichkeit aufgezeigt, die konnten wir gestern Abend präsentieren und haben ein positives Votum bekommen.

Nach dieser Lösung reicht es aus, wenn die Stadtwerke als große Kapitalgesellschaft (und Betreiber des Netzes) diesen umfangreichen Bericht erstellen und wir eine kleine, dazu passende Änderung des Gesellschaftervertrages vornehmen. Falls Sie mehr darüber wissen möchten, klicken Sie hier .

Vorläufige Jahresabschlüsse 2018-2020

Wie so viele Gemeinden sind auch wir mit unseren Jahresabschlüssen im Rückstand. Um den aufzuholen, haben wir uns mit 2 Honorarkräften verstärkt und ich bin begeistert von der Geschwindigkeit, mit der es seit dem (und seit dem Jahresabschlussbeschleunigungsgesetz) vorwärts geht. Gestern Abend haben wir die vorläufigen Abschlüsse der Jahre 2018-2020 vorgestellt und ich liste kurz und knapp auf:

2018:  In der Ergebnisrechnung 4,7 Mio € plus = überraschend gutes Ergebnis, weil wesentlich mehr Steuereinnahmen als geplant und frühere Verkäufe von Flächen im neuen Gewerbegebiet

2019: In der Ergebnisrechnung 274.000 € plus, Abweichung ca. 500.000 € negativ – unter anderem wegen der Gewerbegrundstücksverkäufe, die im Vorjahr getätigt wurden und eigentlich für 2019 eingepreist waren

2020: In der Ergebnisrechnung abzgl. Abschreibungen ca. 800.000 €, ziemlich dicht am Plan, bemerkenswert auch wegen Corona

Sobald wir die abschließenden Zahlen vorliegen haben, folgen die Detailbetrachtungen zu den Ursachen der Abweichungen zwischen Plan und Ist.

Und wo wir schon bei den Jahresabschlüssen waren, haben wir noch einmal explizit auf 2 Dinge hingewiesen:

  1. Die Gemeinde Oyten hat viele große Baumaßnahmen, die anteilig in diesem Jahr fertigstellt wurden oder sich im Bau befinden oder in den kommenden Jahren angestoßen werden. Nicht nur, dass die unsere Liquidität verringern, sie erzeugen auch hohe Abschreibungen, was zukünftige Jahresergebnisse auf viele Jahre negativ beeinflussen wird. Darf ich nur ein paar aufzählen, die zu den Maßnahmen gehören, die schon ganz oder weitestgehend fertigstellt sind? Erweiterung der Grundschule Bassen; Löschgruppenfahrzeug Bassen, Sirenensystem, Sanierung Turnhalle Bassen, Erweiterung IGS, Erweiterung Kita Sagehorn und Pestalozzi, Sportförderung Kleinkaliberstand SSG Mühlentor, Kreisverkehr A1, Straßensanierung Am Moor, Haltepunkt Süd
  2. Für 2021 erwarten wir ein negatives Jahresergebnis, weil wir in 2021 unser Kanalsystem auf den AZV (Abwasserzweckverband Oyten/Ottersberg) übertragen haben. Das ist den Ratsleuten grundsätzlich bekannt, denn sie haben den gesamten Entscheidungsprozess der Aufgaben- und Anlagenübertragung intensiv mitbegleitet.

Stand der aktuellen Jahresrechnung

Wir werden aller Voraussicht nach einen großen Einbruch in der Gewerbesteuer (ca. 2,7 Mio) haben. Große Änderungen sind nicht mehr zu erwarten.

Auch beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer und dem Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer und der Vergnügungssteuer liegen wir deutlich hinter dem Plan – haben aber noch die Hoffnung, dass sich das bis zum Jahresende noch besser gestaltet.

§2b Umsatzsteuergesetz

Mit diesem Gesetz will der Gesetzgeber eigentlich der Wettbewerbsverzerrung vorbeugen. Wie bei so vielen Gesetzvorhaben überfordert er allerdings die Gemeinden damit auf nahezu allen Ebenen – Klarheit, Aufwand, Differenzierung, Bürokratie, Kompetenz …

Das ist möglicherweise deutlich geworden, denn der Starttermin wird vermutlich nun ein weiteres Mal verschoben. Die Rede ist derzeit von weiteren 2 Jahren.

Ich persönlich bin ja für Aufgehoben statt Aufgeschoben. Leider werde ich nicht gefragt.

Grundsteuer C

Zumindest in Niedersachsen gibt es eine neue Steuer, die Kommunen wie wir erheben dürften. Es ist die Grundsteuer C, mittels der wir für unbebaute baureife Grundstücke Hebesätze festlegen und die Flächeneigentümer zur Kasse bitten dürfen.

Dies soll, wenn ich es richtig verstehe, baureifes Land… na wie sag ich’s… mobilisieren, also den  Druck auf die Flächeneigentümer erhöhen, auf das sie dort Wohnangebote schaffen.

Nach einer ersten Einschätzung sind wir verwaltungsseitig sehr skeptisch. Auch hier erkennen wir an den Bedingungen einen großen Verwaltungsaufwand, einen sehr bürokratischen Akt und natürlich das Potenzial für Ärger in der Bevölkerung für am Ende eher wenig Mehreinnahmen.

Ohnehin sind scheinbar noch gar nicht alle grundrechtlichen Bedenken ausgeräumt sind und von daher haben wir gestern nur eine erste Orientierung hierüber gegeben und keine vertiefenden Diskussionen geführt oder gar Beschlüsse eingeholt.

Wir waren alle hochkonzentriert und mit guten Fragen am Start. Das dachte ich zumindest so lange, bis ich jemanden von schwarzen Koffern mit Geld in irgendwelchen Kellerräumen reden hörte. 😊

Eine sehr subtile Botschaft. Wir kamen danach schnell zum Ende und wohlverdienten Feierabend.

Bis dahin bin ich zufrieden mit dem Verlauf der gestrigen Sitzung, denn Kommunalpolitik loyft halt bei uns!